Interview mit Prof. Dr. Jens Peters, Experte für Tierarzneimittel und Geschäftsführer BPIvet beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).
Tiere haben einen anderen Stoffwechsel als Menschen. (…) Das bedeutet: Substanzen, die für den Menschen gut verträglich sind, können sich im Körper des Tieres anreichern und zu schweren gesundheitlichen Problemen führen.
Prof. Dr. Jens Peters
Geschäftsführer BPIvet
beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI)
Warum ist es problematisch, wenn Tierhalterinnen und -halter ihrem Haustier ein Medikament geben, das eigentlich für den Menschen gedacht ist?
Was Menschen hilft, kann für Tiere gefährlich sein. Humanarzneimittel sind nicht für den Einsatz bei Tieren getestet und geeignet. Es besteht das Risiko von Vergiftungen – in manchen Fällen mit tödlichem Ausgang. Deshalb sollte ein Tier niemals eigenständig mit einem „Humanarzneimittel“ behandelt werden. Auch die Umwidmung von Tierarzneimitteln – etwa ein Medikament für einen Hund, einer Katze zu verabreichen – kann problematisch sein und sollte immer mit der Tierärztin oder dem Tierarzt abgesprochen sein.
Gibt es Beispiele für Medikamente, die besonders problematisch sein können?
Ja, insbesondere bei nicht verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln ist besondere Vorsicht geboten. Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Paracetamol können beispielsweise schon in kleinen Mengen gefährliche Nebenwirkungen bei Katzen hervorrufen. Dazu gehören Magen-Darm-Beschwerden, Blutungen sowie Schäden an Nieren oder Leber. Daher ist es unerlässlich, Arzneimittel nur auf tierärztliche Empfehlung oder Verschreibung hin zu geben.
Warum vertragen Tiere nicht einfach dieselben Medikamente wie Menschen?
Tiere haben einen anderen Stoffwechsel als Menschen. Zum Beispiel fehlt Katzen ein bestimmter Mechanismus, um bestimmte Stoffe in wasserlösliche Substanzen umzuwandeln und über den Urin auszuscheiden. Das bedeutet: Substanzen, die für den Menschen gut verträglich sind, können sich im Körper des Tieres anreichern und zu schweren gesundheitlichen Problemen führen.
Welche Rolle spielen pharmazeutische Unternehmen bei der Entwicklung sicherer Tierarzneimittel?
Pharmazeutische Unternehmen entwickeln speziell auf die jeweilige Tierart abgestimmte Arzneimittel. Diese Medikamente müssen in wissenschaftlichen Studien ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachweisen. Erst dann erfolgt die Zulassung oder auch die Registrierung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Nur bei zugelassenen Tierarzneimitteln ist belegt, dass sie wirksam und gut verträglich für die jeweilige Tierart sind.
Gibt es gesetzliche Regelungen zur Abgabe von Tierarzneimitteln?
Ja. Und seit 2022 gilt dafür auch ein eigenes Tierarzneimittelgesetz. Dieses regelt unter anderem, dass Apotheken Humanarzneimittel nur auf Verschreibung durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt an Tierhalterinnen und -halter abgeben dürfen. Anders als in der Humanmedizin dürfen Tierarztpraxen Tierarzneimittel auch direkt an Patientenbesitzer abgeben.
Was sollten Halterinnen und Halter bei frei verkäuflichen Tierarzneimitteln beachten?
Auch bei nicht verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln gilt: Die Substanz muss für die jeweilige Tierart und das konkrete Anwendungsgebiet zugelassen sein.
Das gilt besonders für Präparate, die in Drogerien, Zoohandlungen oder Supermärkten erhältlich sind – etwa für Zierfische, Vögel oder Kleinnager oder auch Hund und Katze. Wichtig ist die korrekte Anwendung gemäß Packungsbeilage – auch bei pflanzlichen, homöopathischen oder anthroposophischen Produkten.
Wissenswertes
Neben Tierarzneimitteln stellen pharmazeutische Unternehmen in Deutschland auch speziell für Tiere zugelassene Impfstoffe oder veterinärmedizintechnische Produkte her.
Die knapp 60 pharmazeutischen Unternehmen in Deutschland, die auf Tiere spezialisiert sind, sorgen dafür, dass geeignete, oft in vielen Jahren erforschte Produkte, auf den Markt kommen.
