Dr. Stephanie Panier vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns leitet die Forschungsgruppe „Genomische Instabilität und Alterung“. Im Interview spricht sie über den Bauplan des Lebens.
Dr. Stephanie Panier
Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns
Zellen verfügen über eine Reihe extrem effizienter Werkzeuge, die Probleme im Genom aufdecken und reparieren können. Sie forschen unter anderem in diesem Bereich – warum?
Das Genom ist sozusagen der Bauplan unseres Lebens. Alle Informationen, die eine Zelle zum Funktionieren braucht, sind in ihm abgespeichert. Schleichen sich Fehler in diesen Bauplan ein, können Zellen entweder absterben oder sich unkontrolliert vermehren. Beide Szenarien haben fundamentale Konsequenzen für den gesamten Organismus, denn sie führen zu unterschiedlichsten Krankheiten wie Immunschwäche, Krebs oder vorzeitigem Altern. Da die Integrität des Genoms so wichtig ist für das Überleben einzelner Zellen und des gesamten Organismus, investieren Zellen ungemein viele Ressourcen in eben- jene Werkzeuge, die die Schäden im Genom aufspüren und reparieren. Dabei werden hoch komplexe Prozesse in Gang gesetzt, die wir aber teilweise, trotz intensiver Forschungstätigkeiten, erst im Ansatz verstehen.
Was haben Sie bei Ihren Forschungen bereits herausgefunden und was gilt es noch zu entdecken?
Der Schwerpunkt meiner Forschung sind die molekularen Akteure, die die Schäden im Genom aufspüren und reparieren – sozusagen die einzelnen Werkzeuge, die im Werkzeugkasten liegen und auf ihren Einsatz warten. Wir haben schon mehrere dieser Werkzeuge erfolgreich identifiziert und charakterisiert und wissen nun relativ genau, bei welchen Schäden im Genom sie aktiviert werden und wie sie auf molekularer Ebene funktionieren. Zusätzlich sind wir jetzt besonders daran interessiert, zu verstehen, wie die Genomreparaturwege mit anderen Aspekten der Zellfunktion, vor allem mit dem zellulären Stoffwechsel, interagieren. Es ist schon lange bekannt, dass die Genomreparatur kein in sich geschlossenes System ist, sondern wahrscheinlich in ständiger Wechselwirkung steht mit fast allen anderen Prozessen, die in einer Zelle ablaufen. Wie genau diese Wechselwirkungen aussehen und wie sie reguliert werden, ist aber nur wenig verstanden.
Ihre Arbeit hilft, altersbedingte Krankheiten besser zu verstehen. Können Sie Beispiele geben?
Das Altern ist ein hochkomplexer Prozess und viele Faktoren steuern zum Alterungsprozess bei, einer davon ist die zeitlich bedingte Anhäufung von Schäden im Genom. Diese Anhäufung passiert, weil die zellulären Genomreparaturwege, trotz ihrer Effizienz, nicht perfekt arbeiten und hin und wieder Schäden übersehen oder falsch reparieren. Eine Konsequenz davon ist, dass die betreffenden Zellen, zum Beispiel Neuronen im Gehirn, anfangen, inkorrekt zu arbeiten oder gar abzusterben. Passiert das in zu vielen Neuronen, fördert das die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen. Eine andere Krankheit, die im Alter gehäuft vorkommt, ist Krebs. Auch hier ist ein wichtiger treibender Faktor die Anhäufung von Schäden im Genom. In diesem Fall aber führen die Schäden nicht zum Absterben der Zellen, sondern zu ihrer ungebremsten Vermehrung – aus gesunden Zellen werden dann Krebszellen.
Ihre Forschung liefert potenzielle neue Ansatzpunkte für bessere Therapien – in welchem Bereich?
Viele Krebstherapien basieren schon jetzt darauf, das Genom von Krebszellen so weit zu schädigen, dass diese absterben. Leider sind viele dieser Therapien relativ unspezifisch und schädigen auch gesunde Zellen. Das ist häufig der Grund für das Auftreten von schweren Nebenwirkungen. Wir hoffen, mit unserer Arbeit Therapieansätze zu entwickeln, die selektiv Krebszellen angreifen und damit effizienter und besser verträglich sind.
Weitere Informationen
• Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns: www.age.mpg.de
• Arbeitsgruppe Panier: www.age.mpg.de/de/forschung/forschungsgruppen/panier