MEHR AUS SEINEM GELD ZU MACHEN, ES BESSER ANZULEGEN, BEDEUTET AM ENDE AUCH MEHR FINANZIELLE FREIHEIT UND WENIGER ALTERSARMUT.
Jessica Schwarzer ist eine der bekanntesten Finanzexpertinnen Deutschlands. Als Journalistin, Buchautorin und leidenschaftliche Börsianerin und Vermittlerin finanzieller Bildung setzt sie sich seit Jahren dafür ein, dass mehr Menschen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen – besonders wenn es um die private Altersvorsorge geht. Im Interview spricht sie darüber, warum frühzeitige Planung entscheidend ist, welche Fehler es zu vermeiden gilt und wie jeder für den Ruhestand vorsorgen kann.
Frau Schwarzer, was treibt Sie an, beim Thema Vermögensaufbau, Altersvorsorge und finanzielle Bildung so engagiert aufzuklären – und was liegt Ihnen dabei besonders am Herzen?
Die Börse ist meine große Leidenschaft. Und diese Leidenschaft habe ich zu meinem Beruf gemacht – als Finanzjournalistin und Autorin. Ich bin überzeugt, dass Aktien ein wichtiger Baustein für den Vermögensaufbau und unsere Altersvorsorge sind.
Denn sie bringen langfristig bei breiter Risikostreuung – am besten über Fonds und ETFs – eine Rendite von sechs bis acht Prozent pro Jahr. Die Angst vor der Börse ist unbegründet, das möchte ich gerne vermitteln. Wenn ich dann auch noch ein bisschen meiner Begeisterung für die Anlageklasse Aktien überspringt, wunderbar. Mehr aus seinem Geld zu machen, es besser anzulegen, bedeutet am Ende auch mehr finanzielle Freiheit und weniger Altersarmut.
Welche konkreten Schritte können Menschen ab 50 heute noch unternehmen, um sich finanziell besser für den Ruhestand abzusichern?
Es wäre besser gewesen, früher anzufangen. Wenn wir in frühen Jahren mit der Altersvorsorge starten, braucht es geringere Summen, um zum Ziel zu kommen.
Aber auch ab 50 kann noch einiges nachjustiert und verbessert werden. Wir haben noch immer einen langen Anlagehorizont und können einen Teil unseres Ersparten oder der monatlichen Einkünfte in Aktienfonds und Aktien-ETFs investieren. Und dabei sollten wir gar nicht unbedingt an unser Renteneintrittsalter von 63, 65 oder 67 denken. Das Geld darf auch noch länger für uns „arbeiten“, also investiert bleiben.
Wer 80 oder 90 Jahre alt wird, sollte mit diesem Anlagehorizont denken und investieren. Zum Renteneintritt muss niemand sein Depot leeren – man kann jährlich oder monatlich einen Entnahmeplan nutzen, quasi den ETF-Sparplan rückwärts. Große Vermögen entstehen ab 50+ selten, doch die Rentenlücke lässt sich so gut abfedern.
Wie sieht eine realistische private Altersvorsorgestrategie aus – besonders für Menschen, die eher spät anfangen oder Lücken in der Erwerbsbiografie haben?
Ich bin klar Team Aktien – vor allem wegen der guten Risikostreuung über ETFs oder Fonds. Mit einem Sparplan bleiben wir flexibel, können die Raten anpassen oder Geld entnehmen, wenn nötig.
Die Renditen liegen meist über denen von Versicherungspolicen. Diese decken zwar das Langlebigkeitsrisiko ab und zahlen lebenslang, sind aber teuer und renditeschwach. Ein Aktiendepot ist bei Entnahmen irgendwann leer – doch gerade wer spät anfängt, sollte auf den Renditeturbo Aktien nicht verzichten. Wichtig sind die niedrigen Kosten, die Sparpläne im Vergleich zu Versicherungen eindeutig im Vorteil machen.
Manche bevorzugen dennoch die Sicherheit von Versicherungen und meiden Börsenschwankungen. Wer sich dafür entscheidet, sollte auf einen hohen Aktienanteil setzen und auf teure Garantien verzichten.
Rente ist aktuell in aller Munde – welche Modelle sind derzeit im Trend, und welche halten Sie für wirklich zukunftsfähig?
Unser Modell, der Generationenvertrag, ist ziemlich am Ende. Schon jetzt fließen über 120 Milliarden Euro Steuergelder in die Rentenkasse, weil das System sich nicht mehr selbst trägt. Skandinavien macht es besser: Norwegen und Schweden investieren über Staatsfonds in Aktien – mit Erfolg. Eine solche Aktienrente wünsche ich mir auch für Deutschland. Stattdessen wurde die FDP-Idee zum „Generationenkapital“ verzwergt und inzwischen ganz gestrichen. Ein neuer Anlauf wäre dringend nötig.
„In der Immobilie gebundenes Vermögen“ – das klingt nach Potenzial, gerade im Alter. Welche Möglichkeiten gibt es, eine abbezahlte Immobilie im Ruhestand finanziell zu nutzen – und für wen kann ein Modell wie die Immobilienverrentung sinnvoll sein?
Für viele ist die eigene Immobilie ein zentraler Baustein der Altersvorsorge. Die Frage ist, ob eine früh angeschaffte Immobilie mit 70 oder 80 noch zum Lebensstil passt – zumal selbstgenutztes Eigentum aus Renditesicht oft weniger attraktiv ist als eine vermietete Wohnung. Eine Immobilie bleibt meist die größte Anschaffung im Leben.
Im Alter kann man sie verkaufen, teilverkaufen oder verrenten – alles mit Vor- und Nachteilen, die man gut beraten abwägen sollte, idealerweise auch unter Einbezug möglicher Erben. Fest steht: Eine Immobilie ist Vermögen, meist nicht unerheblich, das im Rentenalter genutzt werden kann.
Viele Best Ager möchten ihren Kindern oder Enkelkindern nicht nur Werte, sondern auch finanzielle Sicherheit mitgeben. Was halten Sie von ETF-Sparplänen oder anderen Anlageformen für (Enkel) Kinder – und was gilt es dabei zu beachten?
Es gibt nichts Besseres als ETF-Sparpläne für die Kinder und Enkelkinder! Sie früh ans Investieren heranzuführen – oder auch für sie zu investieren – lohnt sich, denn Kinder haben einen extrem langen Anlagehorizont bis zum ersten Job, der ersten Wohnung oder sogar bis zur Rente. Aktien sind dafür erste Wahl.
Jedes Kind wird sich zum 18. Geburtstag über ein Depot freuen, in dem seit Jahren ETF-Anteile angesammelt wurden – sei es für Ausbildung, Wohnungseinrichtung oder den Grundstock für den Vermögensaufbau.
Empfehlenswert sind breit streuende ETFs wie der MSCI World oder der MSCI All Country World inklusive Schwellenländer. Das Depot kann auf den Namen des Kindes laufen, spart Gebühren und nutzt den eigenen Steuerfreibetrag.
Welche finanziellen Vorsorgemaßnahmen halten Sie im Zusammenhang mit Pflegeabsicherung, Sterbegeld oder Bestattungsvorsorge für sinnvoll – und worauf sollte man dabei achten?
Vollmachten für den Ernstfall sind sehr wichtig, wenn es um die Gesundheit, aber auch wenn es um das liebe Geld geht. Da sollte sich jeder beraten lassen, was Sinn macht. Was Absicherungen angeht: Über eine private Pflegetagegeld-Versicherung sollte man nachdenken, sonst wird es im Alter schnell eng. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der tatsächlichen Kosten ab. Ob Heimpflege oder professionell zu Hause, ab dem Pflegegrad 3 muss man mit monatlichen Selbstkosten zwischen 1.000 und 2.500 Euro rechnen. Eine SterbegeldVersicherung oder Bestattungsvorsorge sind Unsinn. Das ist einfach nur teuer, lieber Geld auf einem Tagesgeldkonto hinterlegen! Das spart Geld und Papierkram.
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