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„Ich brauche ein Ziel“
Peter Kraus im Interview

FOTO: RENÉ VAN DER VOORDEN

Wer Peter Kraus ist, das muss man im deutschsprachigen Raum niemandem erklären, Generationen kennen seine Hits. Dabei hat der heute 83-Jährige auch nach vielen Jahrzehnten im Showgeschäft eine so überwältigende Energie und positive Ausstrahlung, dass man sich am liebsten eine Scheibe davon abschneiden möchte. Im März geht er mit seinem neuen Album auf Tournee.

Peter Kraus – Idole – Das neue Album

Herr Kraus, Sie waren schon als Teenager eine Ikone. Wie fühlt sich das heute an?

Die Hits von damals waren meine Eintrittskarte ins Showgeschäft. Wenn Kollegen sagen: „Das haben wir in der Jugend gemacht, das passt nicht mehr zu uns, wir singen es nicht mehr“ – muss ich feststellen, dass ich für mich einen anderen Weg gewählt habe. Bei meinen Auftritten kann ich alles mit meinem Publikum teilen, auch das, was ich heute liebe – beispielsweise Rock ’n’ Roll. Auf der neuen Tournee gehen wir noch etwas weiter zurück, in die Swingzeit der 1930er- und 40er-Jahre. Das macht unglaublich viel Spaß.

Wie hat sich die Welt in den letzten Dekaden verändert? Haben Sie einen Rat an die jüngere Generation?

Die Welt hat sich sehr verändert, die Jugend steht vor schwierigen Aufgaben. Mein Rat? Ich kann nur sagen, wie ich es gemacht habe. Ich habe mir meine eigene Welt aufgebaut, nach meiner Heirat zusammen mit meiner Frau. Ich überlese auch so manches, was in der Zeitung steht. Wir hatten früher vielleicht weniger Mittel, aber die junge Generation wird heute von allen Seiten bedrängt, überall ist etwas los. Das ist sehr schwer, glaube ich. Letztlich muss man versuchen, sein Leben nach seiner eigenen Vorstellung aufzubauen.

Würden Sie im Rückblick Dinge anders machen?

Über so etwas denke ich nicht nach. Es wäre vergeudete Zeit und bringt mich nicht weiter. Eher im Gegenteil, ich freue mich darüber, wie es gewesen ist.

Was ist Ihre Definition von Glück?

Glück ist für mich „zu Hause“.

Und wahrscheinlich kann man Glück genauso heraufbeschwören wie Unglück. Man kann jedenfalls dazu beitragen, glücklich zu sein.

Ihnen gelingt es, die guten Seiten und das Positive in den Dingen zu sehen. Wie machen Sie das?

Das ist mein Beruf. Es ist natürlich ein sehr schöner Beruf, zu singen oder Schauspieler zu sein und andere Menschen zu unterhalten. Wenn man sich damit beschäftigt, muss man fast zwangsläufig ein glücklicher Mensch sein. Es ist eine Voraussetzung, selbst glücklich zu sein, um Glück zu verbreiten. Das ist eine wunderbare Lebensaufgabe. Ich habe es sehr schön gehabt.

Es ist Ihnen aber auch fantastisch gelungen. Ihren Erfolg haben Sie kontinuierlich über einen sehr langen Zeitraum aufrechterhalten, das ist außergewöhnlich.

Ich greife neue Ideen auf, denke darüber nach und entwickele sie weiter – ohne zu übertreiben oder das Publikum zu erschrecken. Wenn ich ein Ziel habe, stehe ich früh auf und arbeite daran. Das ist ein wesentlicher Punkt: Ich brauche ein Ziel. Die Tournee in diesem Jahr ist vielleicht nicht meine letzte, auch wenn ich mein Alter etwas im Blick haben muss, das wird mir immer mehr bewusst. Man kann den Tod nicht wegschieben, aber ich mache es ihm schwer. Deswegen ist es auch ein Ziel, möglichst lange gesund zu bleiben. Es ist ein großes Glück, wenn das gelingt.

In dieser Ausgabe sprechen wir gezielt die ältere Generation 60 plus an. Welche Vorteile hat das Leben jenseits der 60?

Manche sagen, dass sie im Alter ruhiger werden – das gilt nicht für mich. Ich bin wahrscheinlich noch zu jung dazu (lacht). Aber von Vorteilen würde ich nicht sprechen. Das Älterwerden geht mit Veränderungen einher, an die muss man sich gewöhnen und bestmöglich mit ihnen leben.

Jung möchte ich allerdings auch nicht mehr sein.

Warum nicht?

Meine Generation hat die vielleicht schönste Zeit erlebt. Nach dem Krieg waren alle bestrebt, etwas aufzubauen, es sich schön zu machen, wieder glücklich zu sein. Dieser Aufbau ist gelungen, auch wenn man das heute vielleicht nicht mehr so sieht, und es war einfach eine gute Zeit. Ich weiß nicht, ob die nächste Generation so schöne Zeiten erleben kann.

Welche Nachteile im Alter sind die für Sie gravierendsten?

Natürlich kann man irgendwann keine Bäume mehr ausreißen und manches ist ein bisschen schwieriger, auch erschöpfender. Aber wenn etwas nicht mehr so geht, frage ich mich immer, wie lange ich es machen durfte. Eine lange Zeit muss genügen. Ich mache jetzt häufiger Dinge, die meinem Alter mehr entsprechen. Zum Beispiel gehe ich sehr gerne mit meiner Frau gut essen. Wir amüsieren uns immer, wenn wir junge Leute am Straßenrand mit einem Sandwich in der Hand sehen – aber wir haben es früher selbst nicht anders gemacht, wir hatten keine Zeit. Heute können wir es genießen.

Ihre Jugendlichkeit haben Sie nie verloren. Wie machen Sie das?

Es ist wichtig, sein Leben zu gestalten. Das ist mir, glaube ich, bisher ganz gut geglückt.

Ich bin kein Stadtmensch und lebe schon seit Langem auf dem Land. Die Ruhe, nicht den ganzen Tag mit Musik oder Lärm berieselt zu werden, genieße ich sehr. Musik höre ich gezielt. Es tut mir gut, so zu leben. Auch Zufriedenheit ist etwas sehr Wichtiges, denke ich.

Wie halten Sie sich körperlich und mental fit?

Früher habe ich alles Mögliche gemacht – Skifahren, auch Wasserski; ich habe zu den ersten Surfern in Deutschland gehört und hatte sehr früh ein Skateboard, das ich mir sogar selbst gebastelt hatte, ein Film von Claude Lelouch hatte mich inspiriert … Neues hat mich immer fasziniert. Heute würde ich gerne – das schiebe ich schon lange vor mir her – ein besserer Golfer werden. Aber es geht mir nicht allzu sehr darum, besonders gut im Sport zu sein, sonst artet es in Arbeit aus.

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