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„Ein größerer Schraubendreher reicht meist aus, um schnell und ohne viel Lärm einzusteigen:“

„Ein größerer Schraubendreher reicht meist aus, um schnell und ohne viel Lärm einzusteigen:“
„Ein größerer Schraubendreher reicht meist aus, um schnell und ohne viel Lärm einzusteigen:“
Die dunkle Jahreszeit steht bald bevor und die Ängste vor Einbrüchen nehmen wieder zu. Foto: Alexander Kirch/Shutterstock

Der Erste Kriminalhauptkommissar aus Berlin Georg von Strünck spricht im Interview über Praxis und Statistik, Folgen und Psychologie der Einbruchskriminalität.

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Georg von Strünck

Der Erste Kriminalhauptkommissar aus Berlin; Der Polizeipräsident in Berlin

Die Urlaubszeit ist nun vorbei und die dunklere Jahreszeit beginnt bald. Ist das eigentlich ein Klischee, oder finden die meisten Einbrüche wirklich nachts im Winter statt?

Nicht unbedingt nachts, aber schon bevorzugt im Dunkeln – und darum auch umso häufiger, umso früher es dunkel wird. Bei Wohnungen ist es etwas gleichmäßiger verteilt, bei Einfamilienhäusern passieren tatsächlich etwa drei Viertel aller Einbrüche in den Wintermonaten; allerdings nicht nachts, sondern am späten Nachmittag, frühen Abend: wenn es schon dunkel, aber noch keiner zuhause ist.

Bei Wohnungen kommen die Straftäter meistens um die Mittagszeit, wenn erfahrungsgemäß die wenigsten Menschen zuhause sind. Die klingeln ganz einfach um zu testen, ob jemand zuhause ist.

Welche Arten von Einbruch gibt es, welche beschäftigen die Polizei am meisten? Geht es immer um Geld und Schmuck, oder wird auch mal alles mitgenommen, was nicht niet-und nagelfest ist?

Das passiert zwar ab und zu, aber einen Flachbildschirm über die Straße zu tragen, das fällt dann ja doch irgendwie auf; und es lohnt sich auch nicht wirklich wegen der Abschläge beim Hehler.

Es kommt vor, dass die Straftäter quasi im Vorbeigehen etwas für den Eigengebrauch mitnehmen, da wird schon mal eine Kaffeemaschine rausgetragen oder ein Rasierwasser mitgenommen, das gibt’s alles – aber in erster Linie geht es um Geld und Schmuck.

Haben denn so viele Menschen immer noch einen Sparstrumpf unterm Kissen oder dicke Geldbündel in der Keksdose?

Nein, wirklich nennenswerte Bargeldbeträge eher seltener, aber was wirklich viele zuhause haben, ist eben Schmuck. Und da will ich gleich dazu sagen: Den Schmuck in der Wäsche im Schlafzimmer zu verstecken, ist überhaupt keine gute Idee.

Das ist oft immer noch das beliebteste Versteck – und darum sehen die Täter da immer als allererstes nach. Wer wirklich größere Mengen Schmuck oder vielleicht berufsbedingt auch Bargeld zuhause hat, sollte sich einen vernünftigen Tresor anschaffen. Und der sollte wiederum gut verankert werden, denn Wertschutzschränke werden meist nicht vor Ort geöffnet, sondern – wenn möglich – einfach mitgenommen.

Wie kann man sich denn am wirksamsten gegen Einbrüche schützen? Geht es da nur um Sicherheitstechnik, oder auch um bestimmtes Verhalten? Was ist dem Klischee „Ich lass das Licht an!“

Das ist gut! In erster Linie geht es ja darum, das Eindringen zu verhindern, und da kann ein brennendes Licht oder ein laufendes Radio schon abschreckend wirken: die Täter stehen vor der Tür, und bevor sie riskieren, jemanden anzutreffen, probieren sie es lieber da, wo garantiert niemand zuhause ist. Der erste Schritt sollte aber immer sein, erreichbare Fenster und Türen so zu sichern, dass der Täter nicht reinkommt.

Alles andere – Einbruchmeldetechnik, Überwachungskameras, usw. – ist nachlaufend. Wenn der Täter erstmal drin ist, ist er drin, und dann lässt sich meist nicht mehr viel machen. Der kommt meist einfach mit einem etwas größerem Schraubendreher, das reicht völlig aus, um die meisten normalen Türen aufzubrechen, übrigens auch ohne viel Lärm zu machen.

Wie hat sich die Sicherheitstechnik verändert? Welche Vorteile hat Smart Security?

Das kann schon große Vorteile haben, etwa wenn Zeitschaltuhren oder automatische Rollläden intelligent integriert werden. Und die Kommissariate lieben natürlich Videobilder, die die Chancen auf einen Fahndungserfolg extrem erhöhen können. Aber im Prinzip ist und bleibt Einbruch nun mal ziemlich archaisch – und da helfen ähnlich archaische Gegenmaßnahmen am besten: verstärkte Türen, doppelte Schlösser, usw.

Gibt es denn entsprechende Veränderungen im Stil der Einbrecher? Werden die auch „smarter“, je mehr „Smart Home“ Technologie benutzt wird?

Bei Einbrüchen sehen wir das so noch nicht – aber wenn man sich die Autodiebstähle ansieht, dann kann man im Prinzip davon ausgehen. Da werden die neuesten, elektronisch gesicherten Autos mit wirklich hochprofessionellen Mitteln geknackt und weggefahren.

Wie hoch sind die Dunkelziffern? Wie viele Einbrüche werden gemeldet, wie viele nicht – wie viele werden geahndet?

Also bei den verübten Einbrüchen ist die Dunkelziffer sehr gering, da werden fast alle gemeldet; was oft nicht gemeldet wird, sind versuchte Einbrüche. Wenn man zum Beispiel beim Fensterputzen mal ein paar Spuren findet und sieht, dass da wohl mal jemand dran war. Aufgeklärt werden insgesamt wirklich wenige Einbrüche, da liegt die Quote bundesweit bei etwa 15 Prozent.

Das mag vielleicht erstmal erschreckend niedrig klingen, aber wenn man sich klarmacht, wie diese Sachen ablaufen, relativiert sich das sehr schnell. In den allermeisten Fällen stehen sie ohne irgendwelche Spuren oder Zeugen da. Wo wollen Sie da hin mit der Suche? Da kann die Smart Home-Technik schon helfen, denn mit Videoaufnahmen steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, da weiterzukommen.

Was sind die Folgen für die Täter?

Das ist natürlich auch sehr unterschiedlich. Für den fünfzehnjährigen Ersttäter aus der Nachbarschaft ist wahrscheinlich etwas Sozialarbeit ausreichend; bei vorbestraften, organisierten Wiederholungstätern geht es dann schon um ein paar Jahre Knast.

Man kommt nach Hause, Tür aufgebrochen, Wertsachen, evtl. Unersetzbares ist weg – Wie geht die Polizei mit dieser Dimension um? Wer übernimmt die Schockbetreuung?

Im Allgemeinen werden die Beamten schon in der Ausbildung auf den Opferschutz vorbereitet, die sind gut geschult, da mit der gebotenen Sensibilität vorzugehen. Wir nehmen das sehr Ernst. Eine richtiggehende Betreuung kann aber die Polizei nicht leisten, dafür gibt es dann verschiedene Beratungsstellen oder Opferschutzbeauftragte, an die wir dann auch verweisen.

Das ist eine Sache, die mir wirklich auch am Herzen liegt: Bei einem Einbruch wird oft mehr „gestohlen“ als Gegenstände. Laut Statistik ziehen rund 17 Prozent aller Einbruchsopfer aufgrund des Einbruchs um. Da geht es um das Sicherheitsgefühl, um die Privatsphäre. Das könnte so gesehen vielleicht sogar die größte Motivation darstellen, sich entsprechend zu schützen, bevor es passiert.

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