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Es gibt einen Unterschied zwischen Sexualität und Erotik

Es gibt einen Unterschied zwischen Sexualität und Erotik
Es gibt einen Unterschied zwischen Sexualität und Erotik
Foto: dpa / Marc Rehbeck/Sixx Sex

Paula Lambert spricht im Interview über Selbstliebe, Swingerclubs und wahre Sexualität.

Liebe Paula, was hat es mit „Paula liebt dich“ auf sich?


Bei der Kampagne geht es um die Vermittlung eines neuen Körpergefühls, eines neuen Selbstverständnisses um Selbstliebe – sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Auch wenn Frauen von dem Nichtlieben ihrer eigenen Person häufiger betroffen sind, ziehen die Männer doch stark nach.

Wie bist Du darauf gekommen, Selbstliebe zum Thema zu machen?

Auch ich werde relativ oft beschimpft dafür, dass ich nicht schlank und mager bin, sondern eher eine runde Frau. Es ist verletzend, und ich habe lange gebraucht, um mit solchen Anfeindungen klarzukommen. Dann habe ich aber angefangen zu überlegen, warum das eigentlich so ist.

Warum fühle ich mich schlecht mit mir selbst? Warum müssen sich überhaupt Menschen schlecht mit sich selbst fühlen und, ganz wichtig, was kann ich tun, wenn sich jemand schlecht mit sich selbst fühlt? Aus diesem Grund habe ich diese Kampagne ins Leben gerufen, denn wir brauchen eine Bewegung, die auf dieses Thema aufmerksam macht.

Wahre Sexualität kommt viel leiser, stiller und intensiver daher als das wilde Rumgerammel.

Wie hast Du es geschafft, Dich selbst zu lieben?

Ich habe angefangen, mich anzusehen, habe mich lange im Spiegel betrachtet und mir überlegt, warum ich mich überhaupt so ablehne. Was davon ist real und was pure Einbildung? Und ich habe mich gefragt, warum ich mich über Bauchpolster und einen dicken Hintern definiere, denn das macht mich überhaupt nicht aus. Ich bin doch nicht nur Bauch oder Arsch. Doch das ist die Falle, in die ganz viele Frauen laufen. Sie denken, das Äußere ersetzt das Innere, was natürlich absoluter Quatsch ist.

Inwieweit sind die Liebe zu sich selbst und Sex miteinander verbunden?

Ich bekomme sehr viel Post und merke, dass ein Großteil der Frauen sich in Beziehungen befindet, die einfach Schrott sind. „Wie kann ich meinem Mann noch besser dienen?“ – „Welche Stellung muss ich draufhaben, damit er mich nicht verlässt?“ Das ist der Tenor vieler E-Mails.

Das erschüttert mich immer wieder, denn wenn man sich selbst fragt, was einem guttut, wenn man sich selbst in den Mittelpunkt stellt – ohne dabei egozentrisch zu sein –, stellt man solche Fragen nicht, dann gibt man solchen Typen einen Fußtritt. Dazu ist man aber natürlich nicht in der Lage, wenn man das Gefühl hat, dankbar sein zu müssen, dass sich überhaupt jemand mit mir abgibt.

Auch wenn dieser jemand mich schlecht behandelt, doch etwas anderes habe ich ja nicht verdient. Und diese Art von Sexualität, wie sie meiner Meinung nach in deutschen Schlafzimmern überwiegt, ist natürlich auch rein funktional.

Inwiefern?

Frauen, die sich wie Pornostars benehmen, nur damit ihr Partner seinen Freunden erzählen kann, wie cool seine Partnerin ist, wie laut sie schreit und welche Stellungen sie alles draufhat. Das hat aber nichts mit wahrhaft erlebter Sexualität zu tun.

Diese kommt viel leiser, stiller und intensiver daher als dieses wilde Rumgerammel, was die meisten Leute fälschlicherweise als Sex bezeichnen und bei vielen Frauen sogar eine große Leere hinterlässt, während es für Männer häufiger okay ist. Doch für Frauen muss es eben mehr als das sein. Und das zeichnet Frauen voller Selbstliebe auch aus, dass sie in der Lage sind, Sexualität einzufordern.

Wie kommt der wahre Sex in die Schlafzimmer (zurück)?

Erst einmal müssen die Leute verstehen, dass es einen Unterschied zwischen Erotik und Sexualität gibt. Erotik kann gern auch mal das Spiel sein, sich wie ein Pornostar zu benehmen, Sexualität hingegen ist eine Verbindung von Menschen, die ganz tief im Inneren stattfindet.

Sie hat nichts mit großen Bewegungen und Rumgehampel zu tun, sondern das kann etwas ganz Stilles und Langsames sein. Und die Leute müssen erst einmal verstehen, worum es überhaupt geht, und lernen, aus der Hyperaktivität in eine Ruhe zu kommen, um Sexualität überhaupt zuzulassen – auch wenn man schon lange zusammen ist.

In Langzeitbeziehungen ist der Sex häufig komplett eingeschlafen. Wie erweckt man ihn wieder?

Wenn wirklich noch Liebe im Spiel ist, gibt es eine ganz einfache Übung aus der Sexualtherapie, nämlich sich zum Sex zu verabreden. Man sagt, Dienstag und Donnerstag ist es so weit – egal ob wir Lust haben oder nicht.

Und das funktioniert?

Wenn drumherum die Kommunikation stimmt, ist es erstaunlicherweise so, dass der Sex wieder ins Fließen kommt und oft besser wird als je zuvor. Ein Fehler, der auch häufig gemacht wird, ist, dass Sex einen viel zu hohen Stellenwert hat.

Bitte erläutern Sie das näher.

Wir reden ja auch nicht darüber, was wir als nächstes Essen. Und Sex ist wie Essen, ein Grundbedürfnis und nicht die schönste Nebensache der Welt, sondern eine der wichtigsten Hauptsachen. Wenn man das so wahrnimmt, verschwindet automatisch auch der Druck dahinter, und Sex beginnt wieder Spaß zu machen und leidenschaftlich, nicht pornografisch, zu sein.

Bitte geben Sie unseren Lesern fünf Tipps für ein gesundes Sexualleben.

  1. Fernseher, Smartphone, Tablet raus aus dem Schlafzimmer.
  2. Einmal die Woche darf jeder 15 Minuten über seine Gefühle der vergangenen Woche reden – ohne vom anderen unterbrochen zu werden. Das kann ganz banales sein, aber auch knackigeres, wie „Ich fühle mich nicht genug berührt“.
  3. Nicht mit überhohen Erwartungen gemeinsam ins Bett gehen. Sex darf auch mal Scheiße sein – aber eben nicht nur. Es ist aber einfach falsch, immer das gigantische Feuerwerk zu erwarten. Es gibt auch einfachen Gebrauchssex, der gut ist.
  4. Schöne Übung: Während der ganzen Nummer versuchen Augenkontakt zu halten. Das ist kniffelig, aber da passiert sehr viel in einem selbst. Natürlich muss man nicht anfangen zu starren, aber versuchen in den anderen Einzutauchen und zu gucken, was in einem selbst passiert, die Gefühle zulassen.
  5. Von erotischen Spielzeugen halte ich nichts, da sie mit Sexualität nicht viel zu tun haben, sondern eher Aufgeilhilfen sind. Wer Sexspielzeuge braucht, soll sie nutzen. Ich bin ein Penisfan. Und wer gut miteinander swingt, soll es tun, aber es ist nie eine Rettung. Viele denken, solche Clubs oder Spielzeuge sind die Rettung für ihr erlahmendes Leben oder als ein Ersatz für wahre Gefühle – und einer leidet oft darunter.

Weitere Informationen unter: www.paulalambert.de

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Lustlosigkeit war gestern!

Im Interview mit der Sexologin Ann-Marlene Henning

Ist sexuelle Lustlosigkeit ein weitverbreitetes Thema in Deutschland?


In langjährigen Beziehungen ist es das.

Woran liegt das?

Es gibt einen großen Unterschied im Gehirn zum Anfang, wenn man verliebt ist, denn dann ist alles leicht. Wenn jedoch aus Verliebtsein Liebe wird, verändern sich Hormone und diese steuern dem Sexualtrieb häufig entgegen. Wenn man in dieser Phase nicht aufpasst, dann kann es ganz schnell zur Normalität werden, dass man nichts mehr macht. Man muss es aktiv wollen und man muss etwas tun. 

Oft reden Partner auch nicht miteinander darüber.

Da sind wir bei einem ganz wichtigen Aspekt. Man könnte die Beziehung viel lebendiger halten, wenn man sich viel, viel mehr zeigen würde. Mit Ängsten, mit Sorgen, mit Freuden, die viele einfach zurückhalten. Das ist falsch, denn es kann Lust erschaffen, den anderen wirklich zu sehen, mit all seinen Gefühlen. Wenn man das nicht tut, wird es schnell zu einem Nebeneinander- statt Miteinanderleben.

In vielen langjährigen Beziehungen wird lieber nichts gesagt, um das System nicht zu verunsichern. Wenn man aber nichts sagt, kennt man den anderen gar nicht mehr und weiß zumindest nie, wo er sich jetzt gerade gefühlstechnisch befindet. Das ist die eine Sache, dass man so auseinandergelebt ist, sich manchmal sogar gleichgültig wird. 

Was ist die andere?

Andere haben, unterstützt durch Liebes- und Bindungshormone, so viel Nähe und machen alles zusammen, sodass da dann auch keine sexuelle Spannung mehr entstehen kann. Und die Beziehung irgendwann einem Bruder-Schwester-Verhältnis gleicht. 

Viele Paare haben nach vielen Jahren ohne Sex Hemmungen, manche sogar Angst, vorm zweiten ersten Mal.

Gibt es einen Punkt in der Beziehung, in der man verstärkt darauf achten sollte, sodass es gar nicht erst zur ersten oder zweiten Variante kommt?

Ich glaube nicht, dass es diesen Punkt X gibt, aber irgendwann merkt man, dass es nicht mehr so läuft  wie am Anfang. Oft sind das kleine Anzeichen, beispielsweise, dass er oder sie einem lange nicht mehr durch die Haare oder über den Po gestreichelt hat – Kleinigkeiten eben. Ich bin aber beispielsweise gerade in einer Beziehung, da war es eher gleich Liebe. Und so kam es gar nicht zu diesem Punkt. Vielleicht liegt das am Alter (lacht).

Ist Lustlosigkeit eine Frage des Alters?

Es gibt Untersuchungen, die das widerlegen. Viele frisch verliebte 60-Jährige haben mehr Sex als 30-jährige langjährige Singles. Ich denke nicht, dass Lustlosigkeit etwas mit dem Alter zu tun hat. Ich denke, dass die Dauer der Beziehung der Punkt ist. Die Länge macht es und Paare faulen sich ein. 

Wie kann man dem „Einfaulen“ entgegenwirken?

Man sollte darauf achten, sich gegenseitig immer Kleinigkeiten zu zeigen. Dem anderen zeigen, dass man ihn gerne anfasst, dass man ihn lieb hat, dem anderen auch mal danke sagen, wenn er etwas gemacht hat. Man muss immer darauf achten, die Beziehung intakt zu halten – körperlich und emotional. 

Was raten Sie Paaren, die seit zehn Jahren keinen Sex mehr hatten?

Paare mit diesem Problem kommen jeden Tag in meine Praxis. Wir beginnen therapeutisch zu arbeiten und wenn dann bald der erste Sex nach vielen Jahren Pause ansteht, haben viele Hemmungen, manche sogar Angst, vorm zweiten ersten Mal. Dann habe ich die Paare auch schon einmal ganz offen gefragt:. „Na, wie wäre es, heute Abend?“

Oft kommt dann, dass sie schon Lust haben, aber gar nicht mehr wissen, wie das geht. Dann frage ich weiter: „Gibt es denn die Morgenlatte noch?“ – „Ja, die gibt es.“ – „Würdest du es schön finden, wenn sie diese anfasst?“ / „Würdest du sie gern anfassen?“ – als Antwort kommt dann öfters „Oh ja!“„Dann macht es doch einfach!“

Was ich damit sagen will, ich versuche den Paaren sehr konkrete Anregungen zu geben und eventuelle Hemmschwellen aufzuzeigen, damit der Druck kleiner wird und sie beginnen, offener über Sex zu reden. Und eine Hausaufgabe könnte zum Beispiel sein, dass jeder den anderen in den nächsten Tagen mindestens zehn Mal so anfassen sollte, wie man seine Geschwister nicht anfassen würde.

Dabei muss es nicht gleich schlüpfrig werden, wie viele sagen. Es geht vielmehr darum, den anderen wieder zu berühren und die gegenseitige Aufmerksamkeit für Sexualität und Verführung zu erhöhen. 

Ist es nach so langer Zeit ohne Sex wie das erste Mal?

Absolut! In großen Teilen erinnert es daran …

Können Swingerclubs, Sextoys und Co die Lust erhöhen?

Erhöhen kann es die Lust, aber gegen die Unlust helfen, denke ich nicht. Sextoys können mit Sicherheit Spaß machen. Viele müssen dafür aber erst einmal ihre Hemmungen überwinden und diese kaufen. Für Swingerclubs sollte man eine gewisse sexuelle Selbstsicherheit haben und wissen, was man mag und was nicht. Doch in erster Linie geht es nicht um Sextoys oder Swingerclubs, sondern darum, den Spaß an sich und dem anderen wiederzuentdecken. 

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