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AUSSTRAHLUNG

Im Auge des Betrachters

Im Auge des Betrachters
Im Auge des Betrachters
Lisa Marie Janke: 'Ich finde an dem ganzen Starruhm schwierig, dass Schauspielerinnen selten in Ruhe älter werden dürfen.' Foto: Tim Dobrovolny

Schönheit ist fraglos weit mehr als reine Äußerlichkeit. Ein Gespräch mit der deutschen Schauspielerin Lisa Marie Janke über attraktive Kollegen mit Ecken und Kanten, getriggerte Fantasien der Regisseure und falsche Schönheitsideale unserer Gesellschaft.

Was bedeutet für Sie Schönheit?

Sie ist äußerst subjektiv. Ich mag erhabene Objekte der Kunst wie den David von Michelangelo oder da Vincis Dame mit dem Hermelin. Gleichzeitig liebe ich zu Hause Möbel aus den 60er-Jahren oder dänisches Design.

Das sind Dinge – was macht einen Menschen aus Fleisch und Blut für Sie attraktiv?

Persönlich finde ich meinen Freund natürlich wahnsinnig schön, weil er ein extrem entspannter, aufmerksamer, empathischer Zeitgenosse ist. Für diese, seine innere Schönheit war ich aber auch nur in einer bestimmten Lebensphase, als ich ihn kennenlernte, empfänglich. Auch die Attraktivität des Partners ist in der Betrachtung also sehr subjektiv.

Welche Schauspielerkollegen finden Sie schön?

Bei den deutschen Schauspielern mag ich zum Beispiel Sandra Hüller, Wolfram Koch oder Bibiana Beglau. Mir gefällt generell keine oberflächliche, glatte Schönheit, sondern die mit Ecken und Kanten.

Körperliche Fitness ist für mein Wohlbefinden wichtig, was zum Sich-schön-Fühlen dazugehört.

Fantastisch finde ich auch Isabelle Huppert, Judi Dench oder Meryl Streep, weil sie in der Wahl ihrer Rollen oft ein Risiko eingehen. Ihnen gelingt es zudem, entspannt zu altern. Ich finde an dem ganzen Starruhm schwierig, dass Schauspielerinnen selten in Ruhe älter werden dürfen. Schließlich verlieren sie an ihrer Intensität beim Spiel ganz und gar nicht.

Mimisches Können und glatte Schönheit können aber auch wie bei Charlize Theron oder Nicole Kidman in einer Person zusammenfallen. Diese beiden veränderten allerdings durch Gewichtszunahme oder eine falsche Nase ihren Körper fast zur Unkenntlichkeit – und gewannen dann den Oscar. Unfassbar ist auch Matthew McConaughey, der für seine Rollen körperlich ins Extreme geht.

Auch die Gesellschaft prägt den Schönheitsbegriff. Welchen nehmen Sie wahr?

Problematisch finde ich den allgegenwärtigen Trend zur Selbstoptimierung. Schon junge Mädchen denken über Schönheitsoperationen nach und orientieren sich an Modelmaßen. So können sie kein gesundes Selbstbewusstsein für den eigenen Körper entwickeln. Männliche Schauspieler trainieren sich oft einen Sixpack an. Mich langweilt das eher. Für eine spannende Rolle würde ich aber auch ein paar Extrarunden joggen und meine Haare blondieren.

Bei Regisseuren und Regisseurinnen habe ich den Eindruck, dass bei einem Casting die Fantasie getriggert werden muss. Er oder sie muss sich mich in der späteren Rolle vorstellen können. Schön ist es dann, wenn du dich als Persönlichkeit wahrgenommen fühlst und es nicht in erster Linie um Äußerlichkeiten geht.

Was tun Sie selbst für Ihren Körper, und inwieweit hängt für Sie schön sein und sich schön fühlen zusammen?

Körperliche Fitness ist für mein Wohlbefinden wichtig, was zum Sich-schön-Fühlen dazugehört. Eine gute körperliche Konstitution ist aber auch bei langen, zehrenden Drehtagen von Vorteil. Ich trainiere mit Yoga und Schwimmen. Sich schön fühlen ist außerdem abhängig von der Tagesform. Ich empfinde das unausgeschlafen in Jeans beim Bäcker, wo ich nichts darstelle, aber auch meinetwegen mal elegant gestylt auf dem roten Teppich.

Wie entstand überhaupt Ihre Leidenschaft für das Schauspiel, das ja neben intensiver dennoch auch von oberflächlicher Darstellung lebt?

Es startete mit dem Schülertheater. Ich fand es großartig, an einem Text zu arbeiten, auf der Bühne zu stehen, im Team ein Stück zu entwickeln, sich in die Psychologie einer Rolle einzuarbeiten. Nach dem Abitur mochte ich es, an den Schauspielschulen vorzusprechen und Teil eines ausgewählten Zirkels zu sein.

Gerade bei vielen jungen Kollegen erlebe ich jedoch die Illusion, nach ersten Erfolgen zu sagen: „Jetzt bin ich drin.“ Das gibt es wegen der ständig wechselnden Auftragslage nicht wirklich. Es braucht in diesem wunderschönen Beruf viel Glück, Leidenschaft und Durchhaltevermögen.

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