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Psychologische Aspekte Ästhetischer Chirurgie

Psychologische Aspekte Ästhetischer Chirurgie
Psychologische Aspekte Ästhetischer Chirurgie
Foto: Pressmaster/Shutterstock

Warum Ärzte und Patienten eine Nasenkorrektur nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten – von Dr. med. Holger Marsch

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Dr. med. Holger Marsch

Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Weiterbildung für Plastische Operationen

Plastische Chirurgie macht glücklich. Mit diesem Fazit sorgte eine Studie der Ruhr-Universität Bochum im Jahr 2013 für Aufsehen. Und als ästhetisch tätiger Chirurg kann ich bestätigen, dass sich Zufriedenheit mit dem eigenen Äußeren stark auf das Selbstwertgefühl und die Lebensqualität insgesamt auswirken kann.

Patient und Arzt müssen sich sicher sein können, dass die Motivation zur Operation richtig ist.

Eine ästhetische Operation wie die Nasenkorrektur kann zu mehr Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen beitragen und tut dies in den meisten Fällen auch. Sonst würde die Rhinoplastik nicht zu den beliebtesten ästhetisch-plastischen Operationen weltweit gehören.

Allerdings muss man jedem Eingriff, insbesondere dem ästhetischen, der medizinisch gar nicht notwendig ist, mit der gebotenen Vorsicht begegnen. Gewisse Grundvoraussetzungen müssen unbedingt erfüllt sein, damit ein reibungs- und komplikationsloser Verlauf gewährleistet ist.

Stimmt die Indikation?

Patient und Arzt müssen sich sicher sein können, dass die Motivation zur Operation richtig ist. Hat der Patient einen Leidensdruck, der eindeutig mit dem Aussehen seiner Nase zu tun hat, wird eine Nasenkorrektur helfen. Mit Beseitigung der störenden Ästhetik verschwindet auch der Leidensdruck.

Man wird nicht beliebter oder erfolgreicher sein, wenn man eine schönere Nase hat.

Ich hatte einmal eine Patientin, die als Professorin bei Vorlesungen immer darauf geachtet hat, dass sie nicht mit dem Profil zum Auditorium steht und sich deswegen schlecht auf ihre Vorträge konzentrieren konnte. Eine andere Patientin war Fotografin und wollte wegen ihrer Nase nie Bilder von sich machen lassen.

Ein weiterer Patient war in der Schulzeit wegen seiner Nase gehänselt worden. Hier stimmten die Indikationen, die Operationen verliefen erfolgreich. Gelegentlich kommen aber Patienten wegen einer medizinisch notwendigen Operation der Nase oder Nebenhöhlen und sagen mir, bei der Gelegenheit möchten sie auch noch ein bisschen schöner werden. In diesen Fällen besteht keine Indikation, ich rate von einem Eingriff ab.

Stimmt die Erwartungshaltung?

Durch eine Nasenkorrektur kann man Patienten einen vorhandenen Leidensdruck, der in dem Aussehen der Nase begründet ist, nehmen; aber eben auch nicht mehr. Es gibt nicht die perfekte Nase sondern die, die sich natürlich dem Gesicht anpasst und nicht stört.

Der Patient sollte hinterfragen, ob wirklich ein Leidensdruck besteht.

Man wird nicht beliebter oder erfolgreicher sein, wenn man eine schönere Nase hat. Es wird sich nichts an seinem Umfeld ändern, weil das Umfeld die Veränderung in der Regel gar nicht bemerkt, da wir mit den Augen und dem Mund und nicht mit der Nase kommunizieren.

Bin ich geeignet für eine kosmetische Operation?

Diese Frage muss sich der Patient im Wesentlichen selbst beantworten. Dabei sollte er hinterfragen, ob wirklich ein Leidensdruck besteht, ob der Entschluss ausreichend gereift ist, ob er seine Erwartungshaltung genau überprüft hat, ob er ausreichend Geduld für die zum Teil lange Abheilungszeit besitzt und nicht zuletzt, ob er einen Operateur gefunden hat, dem er hundertprozentig vertraut.

Jeder ästhetisch tätige Arzt muss erkennen, ob dysmorphophobe Tendenzen bestehen.

Denn nur dann, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient tragfähig ist, wird die Heilungszeit unproblematisch sein können, auch wenn gegebenenfalls eine Komplikation auftritt.

Sollte eine dieser Fragen nicht sicher mit Ja beantwortet werden können, riskiert man eine starke emotionale Leidenszeit. Wir erhalten nahezu täglich Anfragen von Patienten, die kurze Zeit nach einer Nasenoperation schon das Ergebnis anzweifeln, ihre Fragen und Sorgen aber nicht ihrem Operateur mitteilen.

Beratung ist das A und O

Aus diesem Grund sind die Vorgespräche extrem wichtig. Ich empfehle den Patienten, sich bei mehreren Ärzten beraten zu lassen, um die Qualität beurteilen zu können. Eine gute Beratung erkennt man daran, dass man sie bekommt! Auch für mich ist die Beratung sehr wichtig, weil desgleichen der Operateur sich ein Bild vom Patienten machen muss.

Nur wenn man sich ganz sicher ist, den Schritt gehen zu wollen, wird er auch zum gewünschten Ziel führen!

Es gehört zu meiner ärztlichen Sorgfaltspflicht zu prüfen, ob ich dem Patienten helfen oder schlimmstenfalls schaden kann. Jeder ästhetisch tätige Arzt muss erkennen, ob dysmorphophobe Tendenzen bestehen; das bedeutet, dass der Mensch eine verzerrte Wahrnehmung von sich hat, wie es zum Beispiel bei Magersüchtigen der Fall ist. In diesen Fällen ist ohne psychologische Behandlung keinerlei Erfolg zu erzielen.

Deswegen nehme ich mir ca. eine Stunde Zeit, mache Fotos, analysiere anhand derer die Nase, erkläre Anatomie, Operationsweg, die Risiken, auch die psychologischen, und zeige Vorher-Nachher-Bilder. Im Rahmen der sich daraus ergebenden Konversation versuche ich herauszufinden, ob die Indikation stimmt, das Vertrauensverhältnis gegeben und die Erwartungshaltung realistisch ist. Wenn alle Fragen beantwortet sind, gebe ich dem Patienten mit auf den Weg, dass er für die Entscheidung für oder gegen eine Operation alle Zeit der Welt hat. Nur wenn man sich ganz sicher ist, den Schritt gehen zu wollen, wird er auch zum gewünschten Ziel führen!

Information

Dr. med. Holger Marsch ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit Weiterbildung für Plastische Operationen und führt eine eigene HNO-Klinik in Essen. Er ist in dritter Generation als Nasenchirurg tätig und hat sich auf funktionale und ästhetische Aspekte der Nasenkorrektur spezialisiert.

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