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Wie gelingt die Liebe- auch wenn der Partner nicht perfekt ist?

Foto: Vasilchenko Nikita/Shutterstock

Mehr als zwei Drittel aller Deutschen glauben an die große Liebe.

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Dr. Wolfgang Krüger

Psych. Psychotherapeut, Paarberater und Autor

Dramatisch ist allerdings, dass noch nicht einmal ein Drittel der Partnerschaften sehr gut oder gut ist. Daher wird von etlichen Experten geraten, man solle die Liebesansprüche verringern. Aber wenn man wenig erwartet, bekommt man wenig. Das ist verhängnisvoll, denn wir wissen heute ziemlich genau, wie eine Liebesbeziehung funktioniert. Partnerschaft ist eine Teamaufgabe und kann nur gelingen, wenn jeder in der Beziehung genügend Vertrauen aufbaut und empfindet.

Die Beziehung muss atmen, dann werden wir auch wieder für den anderen interessant.

Eigentlich weiß das jeder und verhält sich trotzdem häufig nicht danach. Denn die Hypothek einer schwierigen Kindheit, Belastungssituationen und ungeschicktes Verhalten führen im Strudel des Alltags fast zwangsläufig zu seelischen Verletzungen und einem emotionalen Rückzug.

Die Partnerschaft bekommt so den Charme einer Wohngemeinschaft. Für diesen Niedergang der Liebe macht man fast immer den Partner verantwortlich und ist überzeugt: Die Liebe könnte gelingen, wenn der andere nicht so schwierig wäre.

72 Prozent der Frauen wollen daher den Partner ändern, 90 Prozent der Männer lehnen dies ab. Man kann also den Partner nicht direkt ändern und gerät in eine Ohnmachtsfalle. Diese Resignation sollte man unbedingt überwinden und eine intensive Fantasiereise unternehmen, in der man seine Liebeswünsche deutlich spürt. Und danach sollte man aktiv werden.

Man darf die Veränderung nicht vom anderen erwarten, sondern sollte das erfolgreiche Prinzip der indirekten Veränderung anwenden. Immer wenn wir uns selbst ändern, ändert sich das System der Partnerschaft. „Es kommt auf mich an“ – in dieser optimistischen Erkenntnis liegt das Geheimnis guter Partnerschaften.

Grundlegend ist es, gute Freundschaften einzugehen, um die Abhängigkeit vom Partner zu verringern. Die Beziehung muss atmen, dann werden wir auch wieder für den anderen interessant. Entscheidend ist immer die eigene Entwicklung, denn unsere Lebendigkeit und Lebensfreude wird die Stagnation in der Beziehung auflösen.

Es setzt ungeheure Energien frei, wenn man lustvoll persönliche Entwicklungsschritte wagt, neugierig bleibt und eigene Projekte realisiert – anstatt den Partner ändern zu wollen.

Jeder sollte also eine Partnerschaft mit sich selbst eingehen und seine innere Mitte finden. Dann spüren wir, wie ein tiefgreifender emotionaler Prozess beginnt, der uns und unsere Partnerschaft umfassend verändert. 90 Prozent aller Liebesbeziehungen lassen sich auf diese Weise nachhaltig verbessern – auch wenn der Partner nicht perfekt ist.

Viel Spaß mit einer Leseprobe von Wolfgang Krügers „Freundschaft“
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Lustlosigkeit war gestern!

Im Interview mit der Sexologin Ann-Marlene Henning

Ist sexuelle Lustlosigkeit ein weitverbreitetes Thema in Deutschland?


In langjährigen Beziehungen ist es das.

Woran liegt das?

Es gibt einen großen Unterschied im Gehirn zum Anfang, wenn man verliebt ist, denn dann ist alles leicht. Wenn jedoch aus Verliebtsein Liebe wird, verändern sich Hormone und diese steuern dem Sexualtrieb häufig entgegen. Wenn man in dieser Phase nicht aufpasst, dann kann es ganz schnell zur Normalität werden, dass man nichts mehr macht. Man muss es aktiv wollen und man muss etwas tun. 

Oft reden Partner auch nicht miteinander darüber.

Da sind wir bei einem ganz wichtigen Aspekt. Man könnte die Beziehung viel lebendiger halten, wenn man sich viel, viel mehr zeigen würde. Mit Ängsten, mit Sorgen, mit Freuden, die viele einfach zurückhalten. Das ist falsch, denn es kann Lust erschaffen, den anderen wirklich zu sehen, mit all seinen Gefühlen. Wenn man das nicht tut, wird es schnell zu einem Nebeneinander- statt Miteinanderleben.

In vielen langjährigen Beziehungen wird lieber nichts gesagt, um das System nicht zu verunsichern. Wenn man aber nichts sagt, kennt man den anderen gar nicht mehr und weiß zumindest nie, wo er sich jetzt gerade gefühlstechnisch befindet. Das ist die eine Sache, dass man so auseinandergelebt ist, sich manchmal sogar gleichgültig wird. 

Was ist die andere?

Andere haben, unterstützt durch Liebes- und Bindungshormone, so viel Nähe und machen alles zusammen, sodass da dann auch keine sexuelle Spannung mehr entstehen kann. Und die Beziehung irgendwann einem Bruder-Schwester-Verhältnis gleicht. 

Viele Paare haben nach vielen Jahren ohne Sex Hemmungen, manche sogar Angst, vorm zweiten ersten Mal.

Gibt es einen Punkt in der Beziehung, in der man verstärkt darauf achten sollte, sodass es gar nicht erst zur ersten oder zweiten Variante kommt?

Ich glaube nicht, dass es diesen Punkt X gibt, aber irgendwann merkt man, dass es nicht mehr so läuft  wie am Anfang. Oft sind das kleine Anzeichen, beispielsweise, dass er oder sie einem lange nicht mehr durch die Haare oder über den Po gestreichelt hat – Kleinigkeiten eben. Ich bin aber beispielsweise gerade in einer Beziehung, da war es eher gleich Liebe. Und so kam es gar nicht zu diesem Punkt. Vielleicht liegt das am Alter (lacht).

Ist Lustlosigkeit eine Frage des Alters?

Es gibt Untersuchungen, die das widerlegen. Viele frisch verliebte 60-Jährige haben mehr Sex als 30-jährige langjährige Singles. Ich denke nicht, dass Lustlosigkeit etwas mit dem Alter zu tun hat. Ich denke, dass die Dauer der Beziehung der Punkt ist. Die Länge macht es und Paare faulen sich ein. 

Wie kann man dem „Einfaulen“ entgegenwirken?

Man sollte darauf achten, sich gegenseitig immer Kleinigkeiten zu zeigen. Dem anderen zeigen, dass man ihn gerne anfasst, dass man ihn lieb hat, dem anderen auch mal danke sagen, wenn er etwas gemacht hat. Man muss immer darauf achten, die Beziehung intakt zu halten – körperlich und emotional. 

Was raten Sie Paaren, die seit zehn Jahren keinen Sex mehr hatten?

Paare mit diesem Problem kommen jeden Tag in meine Praxis. Wir beginnen therapeutisch zu arbeiten und wenn dann bald der erste Sex nach vielen Jahren Pause ansteht, haben viele Hemmungen, manche sogar Angst, vorm zweiten ersten Mal. Dann habe ich die Paare auch schon einmal ganz offen gefragt:. „Na, wie wäre es, heute Abend?“

Oft kommt dann, dass sie schon Lust haben, aber gar nicht mehr wissen, wie das geht. Dann frage ich weiter: „Gibt es denn die Morgenlatte noch?“ – „Ja, die gibt es.“ – „Würdest du es schön finden, wenn sie diese anfasst?“ / „Würdest du sie gern anfassen?“ – als Antwort kommt dann öfters „Oh ja!“„Dann macht es doch einfach!“

Was ich damit sagen will, ich versuche den Paaren sehr konkrete Anregungen zu geben und eventuelle Hemmschwellen aufzuzeigen, damit der Druck kleiner wird und sie beginnen, offener über Sex zu reden. Und eine Hausaufgabe könnte zum Beispiel sein, dass jeder den anderen in den nächsten Tagen mindestens zehn Mal so anfassen sollte, wie man seine Geschwister nicht anfassen würde.

Dabei muss es nicht gleich schlüpfrig werden, wie viele sagen. Es geht vielmehr darum, den anderen wieder zu berühren und die gegenseitige Aufmerksamkeit für Sexualität und Verführung zu erhöhen. 

Ist es nach so langer Zeit ohne Sex wie das erste Mal?

Absolut! In großen Teilen erinnert es daran …

Können Swingerclubs, Sextoys und Co die Lust erhöhen?

Erhöhen kann es die Lust, aber gegen die Unlust helfen, denke ich nicht. Sextoys können mit Sicherheit Spaß machen. Viele müssen dafür aber erst einmal ihre Hemmungen überwinden und diese kaufen. Für Swingerclubs sollte man eine gewisse sexuelle Selbstsicherheit haben und wissen, was man mag und was nicht. Doch in erster Linie geht es nicht um Sextoys oder Swingerclubs, sondern darum, den Spaß an sich und dem anderen wiederzuentdecken. 

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